Mittwoch, 24. Dezember 2014

Montag, 22. Dezember 2014

Die Herrlichkeit des Lebens

In meinem Blog soll Kafka das letzte Wort haben:

Verlassen sind wir doch wie verirrte Kinder im Walde. Wenn Du vor mir stehst und mich ansiehst, was weißt Du von den Schmerzen, die in mir sind und was weiß ich von den Deinen. Und wenn ich mich vor Dir niederwerfen würde und weinen und erzählen, was wüßtest Du von mir mehr als von der Hölle, wenn Dir jemand erzählt, sie ist heiß und fürchterlich. Schon darum sollten wir Menschen vor einander so ehrfürchtig, so nachdenklich, so liebend stehn wie vor dem Eingang zur Hölle...

- Aus einem Brief Kafkas an Oskar Pollak, 8.11.1903. - 

Es ist sehr gut denkbar, dass die Herrlichkeit des Lebens um jeden und immer in ihrer ganzen Fülle bereit liegt, aber verhängt, in der Tiefe, unsichtbar, sehr weit.
Aber sie liegt dort, nicht feindselig, nicht taub.
Ruft man sie mit dem richtigen Wort, beim richtigen Namen, dann kommt sie.

Franz Kafka

(* 3. Juli 1883 in Prag, Österreich-Ungarn; † 3. Juni 1924 in Klosterneuburg-Kierling, Österreich)

Samstag, 20. Dezember 2014

Adieu

Heute vor zwei Jahren - am 20.12.2012 - bin ich mit einem leeren Kuchenblech und einer gelben Postkiste in den Händen, angefüllt mit Geburtstagslisten, Fotos und für unentbehrlich gehaltene Ordner, im 25. Jahr meiner Firmenzugehörigkeit, durch die Türen meiner langjährigen Arbeitsstätte hinausgeschritten.
In die Freiheit, in ein neues Leben und ins Ungewisse...

Ich fühlte mich damals seltsam; die ganze Situation erschien mir surreal, aber ich freute mich auch: zumindest auf 6 Monate bezahlten Urlaub - das allererste Mal Sabbat in meinem Leben !!! Und ich glaubte an mich - daran, dass eine wie ich doch wieder einen neuen Job finden würde ! Ich ging ohne Groll, ich ging voller Dankbarkeit ! Ich wollte gerne etwas Neues wagen - aber ich war natürlich auch ängstlich und unsicher was mich erwarten würde...

Ich ahnte zu diesem Zeitpunkt nicht, wie paralysiert ich dem ganzen Bewerbungsgeschäft lange gegenüberstehen, wie schwer es werden würde, wieder einen neuen Platz im Arbeitsleben zu finden. Und so begann eine Lebensumbruchphase, die ich heute, zwei Jahre später, als abgeschlossen betrachte.

Viel von dem, was mich in dieser Zeit bewegt und beschäftigt hat, ist in diesen Blog eingeflossen. Mein Leben hat sich seit dem 1. August 2014 erneut geändert, denn ich habe eine neue Aufgabe, einen neuen Platz in meinem Leben gefunden und bin glücklich!
Meine Ex-Firma hat inzwischen bereits die nächsten Kollegen/innen freigesetzt ... :-(

Meine Online-Schreibzeit ist nun beendet. Ich möchte heute erneut meinen vielen treuen und stummen Leser/innen von ganzen Herzen danken ! Ihr habt diese seltsame Mischung aus "Bekenntnisliteratur" :-), Gedichten und mir wichtigen Texten gemocht und begleitet. Ich danke euch für eure Treue !!!

Dieser Blog war ein Jahr lang immens wichtig für mich und es steckt sehr viel von meinem Herzblut in ihm. Aus meinen Page Impressions habe ich während meiner Arbeitslosigkeit einen Großteil meiner Selbstbestätigung gezogen ;-)
Das ist nun vorbei und hat sich überlebt; statt virtueller PI's zählen jetzt wieder wirkliche Kollegen/innen, spannende Aufgaben und echte Wertschätzung ...
Was für ein großes Glück !!! DANKE euch allen !!!

Donnerstag, 18. Dezember 2014

Wirklich werden

Was ist das, wirklich werden?" fragte der kleine Hase eines Tages. "Geschieht das auf einmal, wie beim Aufziehen, oder nach und nach?" Und das Spielzeugpferd antwortete: "Nein, nicht auf einmal, es dauert lange, bis du wirklich wirst. Deshalb passiert es denen so selten, die leicht zerbrechlich sind oder scharfe Kanten haben oder ganz vorsichtig angefasst werden müssen. Man kann sagen, dass dann, wenn du wirklich geworden bist, fast alle deine Haare weggeliebt sind. Und das deine Augen herausgefallen sind und du ganz ausgeleiert und ziemlich schäbig bist. Aber das macht dir dann überhaupt nichts aus. Denn, wenn du erst wirklich bist, kannst du nie mehr hässlich sein, außer für Leute, die gar keine Ahnung haben.

Margery Williams "Der kleine Kuschelhase oder Wie die Dinge wirklich werden."

Dienstag, 16. Dezember 2014

Dankbarkeit

EMPFÄNGER UNBEKANNT - RETOUR À L'EXPÉDITEUR

Vielen Dank für die Wolken.
Vielen Dank für das Wohltemperierte Klavier
und, warum nicht, für die warmen Winterstiefel.
Vielen Dank für mein sonderbares Gehirn
und für allerhand andre verborgene Organe,
für die Luft, und natürlich für den Bordeaux.
Herzlichen Dank dafür, dass mir das Feuerzeug nicht ausgeht
und die Begierde, und das Bedauern, das inständige Bedauern.
Vielen Dank für die vier Jahreszeiten,
für die Zahl e und für das Koffein
und natürlich für die Erdbeeren auf dem Teller,
gemalt von Chardin, sowie für den Schlaf,
für den Schlaf ganz besonders,
und, damit ich es nicht vergesse,
für den Anfang und das Ende
und die paar Minuten dazwischen
inständigen Dank,
meinetwegen für die Wühlmäuse draußen im Garten auch.

Hans Magnus Enzensberger

Sonntag, 14. Dezember 2014

Es steht in den Sternen geschrieben

Am 17. Dezember ist es wieder soweit : das Brigitte-Jahreshoroskop für 2015 erscheint.
Das darf ich auf keinen Fall verpassen - stimmte doch die Vorhersagung für 2014 haargenau !

Da stand es ja bereits schwarz auf weiß:

11.8.2014: Sie strahlen! Ihr Herz ist angekommen, im Job punkten Sie - und treten überall grandios in Erscheinung.

Wenn ich es doch nur schon im Januar geglaubt hätte - eine Menge emotionaler Stress, Sorgen und Ängste wären mir erspart  geblieben :-)
Auch sonst hat sich alles bewahrheitet - ob ich es nun Pluto, Jupiter oder Uranus verdanke - meine Entwicklungsprozesse wurden in 2014 immens gepusht ;-)

Es waren Zeiten großer Gefühle und intensiver Lebendigkeit; ich habe viel gelacht und viel geweint, großartige Menschen sind in mein Leben getreten und zu Freunden geworden. Ich habe neu erfahren wer ich wirklich bin. Statt "Leben ist Pflichterfüllung" wurde "Leben ist Fülle" zu meinem Mantra ...

Wenn ich mir jedoch für 2015 etwas wünschen dürfte, dann hätte ich jetzt gerne wieder mehr OMMM und etwas weniger Emotionalität in meinem Leben. Es ist auf Dauer doch sehr anstrengend immer wie auf Speed und Extasy gleichzeitig unterwegs zu sein.

Ruhe, Besinnung und Achtsamkeit scheint mir der richtige Dreiklang zu sein, um die Episode seelischer Ausnahmezustände nun wieder hinter mir zu lassen :-)
Ich bin jedoch sehr gespannt, was die Sterne dazu sagen und mit mir vorhaben ... ;-)

Freitag, 12. Dezember 2014

Der Moment

Ich habe nichts als
die Nacht aus
100 x 100 Nebellichtjahren

Ich habe nichts als
die Stunde aus
60 x 60 Sekunden

Ich habe nichts als den Moment

Der Moment ist meine Schöpfung
die Brücke von meinem
Staubgeist zum Sterngeist
Der Moment ist mein Flügel
zum Flügel des nächsten Moments

Ich habe nichts als den Flügel
Ich habe nichts als die Schöpfung
Ich habe nichts als den Moment

Rose Ausländer

Mittwoch, 10. Dezember 2014

Windsbraut

Einmal Windsbraut sein, das wärs!
Der Duden sagt, eine Windsbraut sei ein Wirbelwind, ein heftig brausender Wind und es handele sich um ein dichterisches feminines Substantiv. Die Bedeutung entspräche: mittelhochdeutsch windesbrut, althochdeutsch wintes prūt, eigentlich = Braut, Geliebte des Windes; im alten Volksglauben wurde der Wirbelwind wohl als weibliches Wesen aufgefasst. Soweit so gut ...

Eine Windsbraut ist doch viel mehr; ist eine, die mit dem Wind spielt, die dem Wind die Stirn bietet, ihn verzückt und verzaubert, die vielleicht den tollsten Wind ganz zahm und sanft macht. Das ist eine Windsbraut in meinen Augen - am Meer, im Sturm der Nordsee oder Ostsee, fühle ich mich mehr denn je als Windsbraut - frei, stark, autark, unabhängig und glücklich ! Wenige Stunden später fühle ich mich etwas ältlich, ziemlich erschöpft und müde, wackelig auf den Beinen und reif fürs Bett :-)
Der Meereswind hat mich schwach gemacht  - oder mir meine Grenzen aufgezeigt ...

Windsbräute scheinen sich vor allem permanent selbst zu überschätzen - vor allem ihre körperliche Kraft ! Weil sie so zähe sind, glauben sie, sie würden alles wuppen - das tun sie ja auch meistens, doch sollten auch Windsbräute Grenzen respektieren lernen - um ihrer selbst willen und vor allem sollten sie sich nicht immer selbst ausbeuten :-)

Montag, 8. Dezember 2014

Läuft ...

Bei uns heißt es nicht "Stand-up"-Meeting sondern "Shop floor"-Meeting, dauert höchstens 12 Minuten und ist hier noch ziemlich unbekannt und total innovativ :-)
Der Begriff des Stand-up-Meetings kommt aus dem agilen Projektmanagement.
Das Meeting zeichnet sich u.a. dadurch aus, dass alle Teilnehmer im Kreis stehen und sich aufgrund der Zeitbegrenzung kurz halten und auf den Punkt kommen sollen.

Jedes Projektmitglied geht natürlich anders mit dieser Herausforderung um, aber am liebsten sehe ich dann den klugen Kollegen an, der tief sinnend und suchend in der stehenden Runde umherblickt - wir alle halten den Atem an und zählen 21, 22, 23 - und der dann mit einem hinreißend schiefen Lächeln zu unser aller Erleichterung verkündet: "Läuft" !

Na, Gott sei Dank ... ;-)

Samstag, 6. Dezember 2014

Scheinriesen

Ich bin mit der Augsburger Puppenkiste aufgewachsen. Die Augsburger Puppenkiste ist, zumindest in meinem Kinderherzen, das zauberhafteste Marionettentheater das ich kenne. Die Stars dieser Puppenbühne wie Urmel aus dem Eis, Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer, Kater Mikesch, Räuber Hotzenplotz, die Löwe-Trilogie haben sich als Klassiker in meinem Herzen eingebrannt. Die Augsburger Puppenkiste ist definitiv Kult und es gäbe noch viel über sie zu erzählen, das kann man aber auch auf Wikipedia nachlesen: http://de.wikipedia.org/wiki/Augsburger_Puppenkiste

Meine Lieblingsstars sind definitiv Jim Knopf und Lukas der Lokomotivführer.
Das Kinderbuch des deutschen Schriftstellers Michael Ende aus dem Jahr 1960 gewann den Deutschen Jugendbuchpreis. Es ist ein so verrückt phantasievoll schönes Kinderbuch und wurde von der Augsburger Puppenkiste in mehreren Folgen kongenial umgesetzt. 

Heute möchte ich euch Herrn Tur Tur vorstellen: Herr Tur Tur ist ein sogenannter Scheinriese; je weiter man von ihm entfernt ist, desto größer scheint er. Nur wer sich ganz nah an ihn heran wagt, erkennt, dass er genauso groß ist wie jeder normale Mensch. Weil sich das aber niemand traut, ist Herr Tur Tur sehr einsam.
Der Autor beschreibt ihn als einen friedlichen, empathischen, hilfsbereiten, einsamen (aber eigentlich geselligen) Herrn, der nichts dafür kann, dass sich andere wegen seiner scheinbaren Größe vor ihm fürchten.

Zum Glück ist es mit dem Arbeitsmarkt ähnlich wie mit Herrn Tur Tur. Auch der Arbeitsmarkt scheint von fern betrachtet gigantisch und alle fürchten sich vor ihm.
Kommt man ihm nahe und betrachtet ihn genau, schrumpft er auf Normalmaß. Schauen wir also genauer hin. So wenig wie es »den« Arbeitnehmer gibt, so wenig gibt es auch »den« Arbeitsmarkt. Was es gibt, sind Unternehmen und ihre Mitarbeiter in den Personal- und Fachabteilungen. Es ist immer ein Mensch, der auswählt, wer wohin passt, nicht ein abstrakter Mechanismus namens Arbeitsmarkt. Und diese Menschen haben höchst verschiedene Interessen und Probleme. Deswegen: Starre nicht auf »den Arbeitsmarkt« und seine angeblichen Ansprüche. Gehe entschlossen auf den Scheinriesen zu, und suche das Unternehmen und die Menschen, die zu dir passen !

Donnerstag, 4. Dezember 2014

Nachruf

Dies ist ein Nachruf auf mein geliebtes Fahrrad der Marke "Vélo de Ville", das ich mir im letzten Jahr für die Usedomer Schweiz zugelegt hatte. Schick war der weiß-schwarze Roadrunner und die leicht nach vorn geneigte Sitzhaltung verlieh mir ein ungemein sportliches Aussehen. Wie komfortabel für die Knie erstmals zwischen 8 Gängen wählen zu können. Auf diese Weise war ich für die erstaunlichen Höhengefälle der Insel und den Gegenwind deutlich besser gerüstet als je zuvor. Ein Jahr und 3 Monate habe ich dieses Rad geliebt und insgesamt 2.600 Kilometer mit ihm zurückgelegt - dann wurde es geklaut - auf Usedom !!! Zurück blieb nur ein mit dem Bolzenschneider durchtrenntes ABUS-Schloss :-(
Nun bin ich wieder mit meinem 34 Jahre alten blauen Holland-Fahrrad ohne Gangschaltung unterwegs; sozusagen mit einem Single-Speed-Hollandrad.

Liebe Usedomer, bitte haltet die Augen offen, jetzt wo sich die Insel wieder leert. Vielleicht seht ihr mein Fahrrad mit dem französischen Namen und es findet mit eurer Hilfe doch noch wieder zu mir zurück, so wie es auch mit Ehemann Ulfs Rad geschehen ist ...

Dienstag, 2. Dezember 2014

Bullshit

Sprachlicher und inhaltlicher Bullshit ist auf dem Vormarsch und lauert überall.
In der Politik, in der Werbung - aber vor allem in modernen Unternehmen ! :-)

In der Company begegnen wir Bullshit an jeder Ecke; immer dann, wenn wieder nach Change oder Challenge gerufen, das Big Picture beschworen, der Stakeholder Value bedacht und die Shareholder Value Ebitda auf den Plan gerufen wird.
Anstrengend ist das ... (!)

Doch damit nicht genug; wenn ein Unternehmen so tun will, als wäre es ein innovatives Start-up-Unternehmen und weg will vom old-fashioned-Image, dann hagelt es Company Meetings, Board Meetings, People Manager Meetings und außerdem CTO directs - was immer das auch sein mag :-)

Was bin ich froh, in einem echten Start-up zu arbeiten, das auch ohne diesen Bullshit-Ausstoß immens erfolgreich ist ;-)

http://www.spiegel.de/karriere/berufsleben/bullshit-phrasen-im-buero-manager-sprech-ueben-mit-bullshit-o-mat-a-1004202.html